Interview mit Marieke de Jong und Caroline Zamor über den CSR Risiko-Check für den AWE Blog (Oktober 2022)
Der CSR Risiko-Check ist ein kostenfreies Online-Tool zur Identifizierung von CSR-Risiken und wurde von MVO Nederland entwickelt und wird vom niederländischen Außenministerium finanziert. Die deutschsprachige Version des CSR Risiko-Check wird von UPJ gemeinsam mit MVO Nederland sowie dem Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung (AWE) umgesetzt.
Im nächsten Jahr wird das Tool zehn Jahre alt. Wir haben die Projektmanagerin Marieke de Jong von MVO und Caroline Zamor, die für UPJ viereinhalb Jahre das Projekt betreute, gefragt, wie der CSR Risiko-Check in der Praxis von Unternehmen genutzt wird, welche Anforderungen die Unternehmen an das Tool stellen und wie sich Unternehmen schon heute auf den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission für ein europäisches Lieferkettengesetz vorbereiten sollten.
F: Welche Beispiele aus der Praxis zeigen besonders gut, wie der CSR Risiko-Check Unternehmen hilft?
Marieke de Jong: Verschiedene Unternehmen nutzen das Tool aus unterschiedlichen Gründen und für verschiedene Zwecke. Ein belgisches Bekleidungsunternehmen hat uns berichtet, dass es unter anderem den CSR Risiko-Check konsultiert, bevor es neue Beschaffungsstandorte für seine Produktion auswählt. Ein weiteres interessantes Beispiel ist ein Unternehmen, das einen Bericht des CSR Risiko-Checks einem Kollegen mitgab, der Beschaffungspartner in verschiedenen Ländern besuchte. Er nutzte den Bericht als Ausgangspunkt für Gespräche über Risikomanagement.
Caroline Zamor: Viele Unternehmen nutzen den CSR Risiko-Check, um sich einen ersten Überblick darüber zu verschaffen, welchen Risiken ihre Lieferketten potenziell ausgesetzt sind. Ein weltweit operierendes Handelsunternehmen für Obst- und Gemüse nutzt den Risikocheck beispielsweise nicht nur um die Lieferanten, sondern auch um die eigenen Anbaubetriebe zu bewerten. Andere Unternehmen nutzen den CSR Risiko-Check für eine grundlegende Risikoanalyse zur Vorbereitung auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
F: Das Online-Tool CSR Risiko-Check ist fast zehn Jahre alt. Was ist die Bilanz dieser Zeit?
de Jong: Das Instrument hat sich in zehn Jahren weiterentwickelt und sehr verändert. Die größte Errungenschaft, würde ich sagen, ist die riesige Menge an Informationen, die wir im Laufe der Jahre gesammelt haben. Rückblickend wird deutlich, dass das Thema Wirtschaft und Menschenrechte heute sehr viel lebendiger diskutiert wird als noch vor zehn Jahren.
Zamor: Die deutsche Version des CSR Risiko-Checks ist erst fünf Jahre alt. Steigende Nutzerzahlen zeigen, dass das Tool immer wichtiger wird. Wir arbeiten daran, Risiken und Hinweise im CSR Risiko-Check auf dem neuesten Stand zu halten und eine hohe Qualität zu gewährleisten. Wir arbeiten außerdem daran, die Berichte spezifischer und auf die einzelnen Produkte und Länder zugeschnitten zu gestalten. In bestimmten Bereichen ist dies aufgrund fehlender Daten noch immer eine Herausforderung.
F: Wo sind im Moment die größten Herausforderungen beim CSR Risiko-Check?
Zamor: Die größte Herausforderung sehe ich tatsächlich in der mangelnden Verfügbarkeit valider Daten. Es ist relativ einfach, Studien und Berichte über Kinderarbeit im Kakaoanbau in Westafrika oder über die Arbeitsbedingungen von Textilarbeitern in Asien zu finden. Diese Bereiche sind gut erforscht. Aber es gibt andere Branchen, wie z.B. den Maschinenbau, der für die deutsche Wirtschaft sehr wichtig ist, wo uns aber relevante Daten fehlen. Dort sind die Lieferketten besonders komplex. Sie enthalten oft verschiedene Materialien oder Materialkombinationen. Diese machen es schwer, Risiken zu spezifizieren und zuzuordnen oder überhaupt relevante Forschung über diese Risiken zu finden.
de Jong: Dies erfordert auf Seiten der Unternehmen, die den CSR Risiko-Check nutzen, umfassendes Wissen und Bewusstsein. Es ist wichtig, genau zu wissen, wonach man suchen muss, wenn man den CSR Risiko-Check nutzt. Wir stellen fest, dass viele Leute nur nach den Ländern suchen, in denen ihr direkter Zulieferer ansässig ist. Die in den Produkten enthaltenen Rohstoffe stammen jedoch oft aus anderen Ländern. Zwischen hergestelltem Produkt und den darin verarbeiteten Rohstoffen muss möglichst präzise unterschieden werden.
F: Wie sollten sich Unternehmen auf das deutsche bzw. auf das europäische bzw. Lieferkettengesetz vorbereiten?
Zamor: Ich würde sagen, fangen Sie jetzt an! Meiner Meinung nach ist es besser, zu agieren als zu reagieren. Viele deutsche Unternehmen sind nicht direkt vom deutschen Sorgfaltspflichtengesetz betroffen, aber indirekt, da sie Teil der Lieferketten größerer Unternehmen sind, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Daher könnten sie verpflichtet sein, bereits jetzt die richtigen Prozesse anzustoßen.
de Jong: Ich sehe das genauso wie Caroline. Meiner Meinung nach spielt es keine Rolle, ob man handelt, weil man aufgrund der deutschen oder europäischen Gesetzgebung dazu verpflichtet ist, oder ohne: Es hat viele Vorteile, wenn man mehr über seine Lieferkette und seine Partner in dieser Lieferkette weiß. Fangen Sie einfach an und gehen Sie in kleinen Schritten voran. So erläutert es auch die Roadmap zum CSR-Risikomanagement.
F: Wie wird das Tool weiterentwickelt? Gibt es mit steigenden User-Zahlen auch neue Anforderungen an das Tool?
Zamor: Es ist wichtig, dass der CSR Risiko-Check auf dem neuesten Stand bleibt – insbesondere, wenn man bedenkt, was auf die Unternehmen künftig zukommt. Die Nutzerzahlen gehen durch die Decke gehen und die Unternehmen treten immer häufiger mit uns in Kontakt, um uns ihre Bedürfnisse mitzuteilen. Wir arbeiten daran, diese Bedürfnisse zu erfüllen und Antworten und Lösungen zu finden. Um ein Beispiel zu nennen: Für Branchen wie den Maschinenbau oder die digitale Industrie machen wir spezifische Recherchen. Der Schwerpunkt liegt hier eher auf der nachgelagerten als auf der vorgelagerten Lieferkette.
de Jong: Das Tool hat sich in den letzten zehn Jahren entwickelt, und wird sich auch künftig weiterentwickeln. Neue Ereignisse, wie beispielsweise neue Gesetze im Bereich der Lieferketten, verlangen von den Unternehmen Anpassungen und von uns, dass wir den CSR Risiko-Check in Reaktion auf diese neuen Anforderungen anpassen. Wir sind gespannt, was die Zukunft bringen wird!
Unternehmen müssen ihre Lieferketten effizient und nachhaltig gestalten. Lieferkettenrisiken zu erkennen und zu verhindern ist besonders herausfordernd, wenn Geschäftspartner in Ländern ansässig sind, deren Gesetze nicht sozialen und ökologischen Standards entsprechen. Der vom SECO unterstütze CSR Risiko-Check hilft, diese Herausforderungen zu meistern.
Vor kurzem haben wir ein Webinar veranstaltet, um den CSR Risiko-Check näher zu erläutern. In diesem Webinar haben wir die neuen Funktionen des CSR Risiko-Checks erörtert und erklärt, wie das Tool Sie bei der Vorbereitung auf Rechtsvorschriften wie die CSDDD unterstützen kann. Falls Sie das Webinar verpasst haben, finden Sie unten die Aufzeichnung!
Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln sind 2023 aktualisiert worden. Lesen Sie im folgenden mehr über die OECD-Leitsätze und wie sie Ihnen bei der Durchführung der Sorgfaltsprüfung helfen können.
Bitte wählen Sie aus, welchen Cookie-Kategorien Sie zustimmen möchten.